Gedichte und Geschichten Theodor Körners

10 ausgewählte Gedichte und Balladen Karl Theodor Körners 

aus der Sammlung "Vermischte Gedichte"

Quelle: Theodor Körners sämtliche Werke in zwei Bänden. Erster und zweiter Band in einem Buch, Berlin, Verlag: A. Weichert, 1920

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Erinnerung


Schweigend in des Abends Stille

Blickt des Mondes Silberlicht.

Wie es dort mit üpp’ger Fülle

Durch die dunklen Blätter bricht!


Wolken ziehn auf luft’gen Spuren

Tanzend um den Silberschein,

Und es wiegen sich die Fluren

Sanft zum süßen Schlummer ein.


Und mit Äolsharfentönen

Grüßt mich die vergangne Zeit,

Und mich faßt ein heißes Sehnen

Nach verschwundner Seligkeit.


Bist du ewig mir verloren,

Meiner Liebe Paradies?

Ach! es klingt in meinen Ohren

Deine Stimme noch so süß,


Weckt mit allgewalt’gen Worten

Mich aus der gewohnten Ruh,

Ruft in himmlischen Akkorden

Meiner heißen Sehnsucht zu.


In den Tiefen meines Lebens

Braust es auf mit Ungestüm;

Doch der Ruf erklingt vergebens.

Ach! nicht folgen darf ich ihm.


In des Lebens bunten Räumen

Ist mein Ideal verblüht,

Dämmert nur in meinen Träumen,

Lispelt in des Sängers Lied.


Konnt ich’s lebend nicht erwerben,

soll es hier doch ewig blühn,

Mit mir leiden, mit mir sterben

Und mit mir hinüber ziehn!

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Leichter Sinn

Mutig durch die Lust des Lebens,

Mutig durch des Lebens Qual!

Deine Sehnsucht ist vergebens

Nach dem höhern Ideal.


Gern gehorche jedem Triebe,

Trotze nur der Leidenschaft!

Selbst nicht der Gewalt der Liebe

Zügle deine freie Kraft!


Ja! in schöner Frauen Armen-

Höre, was die Klugheit spricht!-

Freudig darf dein Herz erwarmen;

Deine Ruhe opfre nicht!


Sorglos durch die Welt sich schlagen,

Immer vorwärts, nie zurück,

Auf die Freiheit alles wagen,

Bringt dem Herzen Heil und Glück.


Schwert und Männerkraft verrostet,

liegt es lange müßig still.

Der hat nie das Glück gekostet,

Der’s in Ruh genießen will.


Mutig nach dem flücht’gen Glücke,

Nach durch Sturm und Sonnenschein!

Greife schnell zum Augenblicke!

Nur die Gegenwart ist dein. 

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Treuer Tod

Der Ritter muß zum blut’gen Kampf hinaus,

Für Freiheit, Ruhm und Vaterland zu streiten.

Da zieht er noch vor seines Liebchens Haus,

Nicht ohne Abschied will er von ihr scheiden.

„O weine nicht die Äuglein rot,

Als ob nicht Trost und Hoffnung bliebe!

Bleib ich doch treu bis in den Tod

Dem Vaterland und meiner Liebe.“


Und als er ihr das Lebewohl gebracht,

sprengt er zurück zum Haufen der Getreuen;

Er sammelt sich zu seines Kaisers Macht,

Und mutig blickt er auf der Feinde Reihen.

„Mich schreckt es nicht, was uns bedroht,

Und wenn ich auch auf der Walstatt bliebe.

Denn freudig geh ich in den Tod

Für Vaterland und meine Liebe.“


Und furchtbar stürzt er in des Kampfes Glut,

Und tausend fallen unter seinen Streichen.

Den Sieg verdankt man seinem Heldenmut;

Doch auch den Sieger zählt man zu den Leichen.

„Ström hin, mein Blut, so purpurrot!

Dich rächten meines Schwertes Hiebe.

Ich hielt den Schwur, treu bis in den Tod

Dem Vaterland und meiner Liebe.“

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Treuröschen

Es war ein Jäger wohl keck und kühn

Der wußte ein schönes Röschen blühn

Das hielt er höher als Gut und Gold

Es wurd' ihm im Herzen gar licht und hold,

Wenn er nur Treuröschen sah

Trala, Trala, Trala.


Und wenn der Abend die Flur betaut

Da zog der Jäger zur süßen Braut

Er zog hinauf mit Sing und Sang

Mit Liederton und Hörnerklang

Bis er Treuröschen sah.

Trala, Trala, Trala.


“Treuröschen, Treuröschen! hörst du das Lied

Wo nur Dein Name lebt und blüht?

Vorüber ist das bräutliche Jahr

Bald für ich Treuröschen zum Traualtar.“

Da spricht Treuröschen: „Ja.“.

Trala, Trala, Trala.


Und wie er vom Pferde gesprungen ist

So sitzt er beim Liebchen und scherzt und küsst

Und scherzte bis um Mitternacht

In stiller heiterer Liebespracht

Treuröschens Herzen so nah

Trala, Trala, Trala.


Die Sternlein verbleichen der Morgen graut

Der Jäger kehrt heim von der süßen Braut

Er jagt hinab durch Wald und Flur

Und folgt einen Hirsch auf flüchtiger Spur

So schön wie er keinen noch sah

Trala, Trala, Trala.


Und Hirsch vom hohen Felsenstein

springt tief in das Klippental hinein

Und hinter ihm stürzt in das tiefe Grab

Das wütende Pferd mit dem Reiter hinab

Kein Auge ihn wieder sah

Trala, Trala, Trala.


Und wie der Abend den Tau geweint

Da harret Treuröschen auf ihren Freund

Und harret und hofft auf Sing und Sang

Auf Liederton und Hörnerklang

Den Buhlen nicht kommen sah

Trala, Trala, Trala.


Und als es kam um Mitternacht

Treuröschen noch traurig im Bette wacht

Sie weinte sich die Äuglein rot

„Was läßt du mich harren in Angst und Not?

Lieb Buhle bist noch nicht da“

Trala, Trala, Trala.


Und auf einmal hört sie Hörnerklang

Und es flüstert ihr leise wie Geistergesang:

„Komme Liebchen, bist mir angetraut

Das Bett ist bereitet, komm rosige Braut!

Der Buhle ist längst schon da“

Trala, Trala, Trala.


Da faßt sie ein Schauer so eisig kalt

Und sie fühlt sich umarmt von Geistergewalt

Und heimlich durchweht es ihr bebendes Herz

Wie Hochzeitlust und Todesschmerz

Und zitternd flüstert sie: „Ja“

Trala, Trala, Trala.


Da stockt das Blut in der klopfenden Brust,

Da bricht das Herz in Todeslust

Und der Jäger führt heim die rosige Braut

Dort oben ist er ihr angetraut

Treuröschens Hochzeit ist da!

Trala, Trala, Trala.

Des Feldpredigers Kriegstaten (1808)

Ich bin bei englischem Rindfleisch erzogen

Und habe bei englischem Biere studiert

Der Herr General war mir gewogen;

Drum ward ich zum Feldprediger avanciert.

Denn der Mensch muß etwas versuchen und wagen;

Drum sitz ich hier auf dem Bagagewagen.


Bin in Portugal nun Soldatenpastor

Und predige über Ach und Weh

Und warne vor Trunkenheit und Laster

Die reuige aber besoffene Armee,

Pfleg aufs beste die Kehl und den Magen

Und sitze hier auf dem Bagagewagen.


Gestern war eine große Bataille;

Es kam zu einer blutigen Schlacht.

Wir fochten alle en canaille;

Ich hätt’ es kaum als möglich gedacht.

Der Franzose ward aufs Haupt geschlagen,

Und ich saß auf dem Bagagewagen.


Es ward schrecklich viel Blut vergossen

Ich kam in den größten Embarras

Die Feinde hatten einen Bock geschossen,

Und wir, wir schossen Viktoria.

Der gehört zu meinen glorreichsten Tagen.

Denn ich saß auf dem Bagagewagen.


Ich sehe schon die Haufen Gedichte,

Die man uns Helden wird billig weihn.

Wir glänzen ewig in der Geschichte

Und ziehn in die Unsterblichkeit ein,

Und von mir wird man singen und sagen:

„Ja, der saß auf dem Bagagewagen!“

Der Weltschöpfer

Als Knabe war Gottlieb ein kleiner Teufel,

An Schelmstücken kam keine andrer ihm nah,

Und immer war er, ganz sonder Zweifel,

Wo irgend im Dorf etwas Dummes geschah.


Drum mocht auch geschehen, was immer wollte,

So mußt es Gottlieb gewesen sein,

Und daß er sogleich es gestehen sollte,

War’s üblich ihn mächtiglich durchzubleun.


Dies machte, daß er, um der gleichen Gebühren

Nicht zwier zu empfahen, sogleich gestand.

Einst wollte der Pfarrer ihn examinieren,

Da dunkelt es plötzlich in seinem Verstand.


Ernst frug, wer die Welt erschaffen habe,

Der Pfarrer mit strengem Angesicht,

Und höchstlich erschrocken rief der Knabe:

„Das, Herr Magister, das weeß ich nicht.“


Da zürnte der Pfarrer. „Du schlimmer Geselle,

Sprich! Wer hat die Welt erschaffen? Sprich!

Und sagst du mir’s nicht gleich auf der Stelle,

Zerprügl’ ich den Rücken dir jämmerlich.“


Da glaubte der Bub, er wäre verlesen,

Und schluchzte: „Ach, laß Er den Ziemer nur ruhn!

Ich will’s ja gestehen, ich bin es gewesen,

Und will es auch nimmermehr wieder tun.“

Der geplagte Bräutigam.

Im ganzen Dorfe geht’s Gerücht,

Daß ich um Greten freie;

Sie aber läßt das Tändeln nicht,

Die Falsche, Ungetreue.

Denn Nachbar Kunzens langer Hans

Führt alle Sonntag sie zum Tanz

Und kommt mir ins Gehege.

Man überlege!


Auf künft’ge Ostern wird’s eine Jahr,

Da faßt ich mich in Kürze

Und kaufte ihr (das Ding war rar),

Ein Band zur neuen Schürze;

Und an dem zweiten Feiertag,

Just mit dem neunten Glockenschlag,

Bracht ich ihr mein Geschenke.

Man denke!


Ich hatte nämlich räsoniert

Den Tag vorher beim Biere:

Wenn ich sie, mit dem Band geziert

Zum Abendtanze führe,

So sag ich alles lang und breit

Und breche die Gelegenheit

Im Fall der Not vom Zaune.

Man staune!


Drauf hatt ich mich schön angetan,

Als ging’s zum Hochzeitsfeste.

Ich zog die neuen Stiefel an

Und meines Vaters Weste;

Doch als ich kam vor Gretens Haus,

War auch der Vogel schon hinaus

Mit Hansen in der Schenke.

Man denke!


Da faßte mich wie Feuerbrand;

Der Zunder mußte fangen;

Da kam um seinen Hut mein Band,

Der Musjö Hans gegangen.

Nun sprüht ich erst in voller Wut,

er wurde grob, - und kurz und gut

Ich kriegte derbe Schläge.

Man überlege!


Den Tag darauf an Gretens Tür

Lauscht ich als Ehrenwächter.

Da schallt es aus dem Garten mir

Ein gellendes Gelächter.

Und als ich habe hingeschaut,

Da saß denn meine schöne Braut

Mit Hansen hinterm Zaune.

Man staune!


Das fuhr mir arg durch meinen Sinn,

Das Wort blieb in der Kehle;

Des andern Morgens ging ich hin

Und hielt’s ihr vor die Seele

Und sagt ihr’s endlich grad heraus:

„Hör, Grete, mach mir’s nicht gar zu kraus!

Sonst geh ich meiner Wege.“

Man überlege!

Da lachte sie mir ins Gesicht

Und kehrte mir den Rücken.

Ja, wenn der Hans den Hals nicht bricht,

So reiß ich ihn in Stücken.

Sonst bringt sie es gewiß so weit,

Daß ich mich noch bei guter Zeit

Im nächsten Teich ertränke.

Man denke!

Mein Symbolum.

Ich trat gar stolz in diese Welt,

Und alles fand ich reich bestellt;

Da schwor ich gleich bei Stein und Bein,

Nur „Cäsar oder nichts“ zu sein.


Das ließ mich aber bald in Ruh.

Da kam die Freundschaft auf mich zu;

In ihrer Welt fand ich genug,

Und „Semper idem“ ward mein Spruch.


Doch plötzlich wie von ungefähr,

Kam Liebe freundlich zu mir her;

Sie zog mit stiller Kraft mich fort,

Und „Liebe“ ward mein Losungswort.


Doch ach! Der schöne Traum verblich;

Ins wilde Leben stürzt ich mich;

Es riß gewaltsam mich herum.

„Genieße!“ ward mein Symbolum.


Nur fand ich nie, was ich verlor;

Manch üble Stunde trat hervor;

Doch hatt’ ich bald des Lärms genug.

„Nur mäßig, mäßig!“ ward mein Spruch.


Das trieb mich zur Philisterwelt;

Da hab ich’s schleunigst eingestellt,

Und nahm – ich wählte lang herum –

„Toll, aber klug!“ zum Symbolum.


Das ist des wahren Burschen Wort.

Drauf stürz ich mich im Strudel fort,

Und geht es schief mit meiner Ruh,

Ruf ich „Toll, aber klug!“ mir zu.


Es bleibt – nie kehr ich wieder um –

Für diese Welt mein Symbolum.

Einst ruft Freund Hain mir zu: „Genug!

Du hast gelebt toll – aber klug.“

Zur Nacht.

Gute Nacht!

Allen Müden sei’s gebracht!

Neigt der Tag sich schnell dem Ende,

Ruhen alle fleiß’gen Hände,

Bis der Morgen neu erwacht.

Gute Nacht!


Geht zu Ruh!

Schließt die müden Augen zu!

Stiller wird es in den Straßen,

Und den Wächter hört man blasen,

Und die Nacht ruft allen zu:

Geht zur Ruh!


Schlummert süß!

Träumt euch euer Paradies!

Wem die Liebe raubt den Frieden,

Sei eine schöner Traum beschiedenen,

Als ob Liebchen ihn begrüß!

Schlummert süß!


Gute Nacht!

Schlummert, bis der Tag erwacht!

Schlummert bis der neue Morgen

Kommt mit seinen neuen Sorgen!

Ohne Furcht! Der Vater wacht.

Gute Nacht!

An den Heldensänger des Nordens.

Aus dem Tiefsten meiner Seele

Biet ich dir den Gruß des Liedes;

Aus dem Herzen tiefsten Tiefen

Biet ich dir der Liebe Gruß.


Hab dich nimmer zwar gesehen,

Nie erblickt des Skalden Antlitz,

Der mit großen heil’gen Worten

Mir Begeistrung zugeweht.


Aber leicht wollt ich dich kennen

In dem weiten Kreis der Menge,

Diese Brust voll Kraft und Liebe

Diesen liedersüßen Mund,


Der so schön das Schöne webte,

Der so wild das Wilde faßte,

Der so kühn das Kühne lößte

Und die große Tat so groß.


Ach! in deinen Liedes Tönen,

Wo die kühnen Heldenkinder

Kräftig mit dem Schicksal ringen,

Stand mir neues Leben auf.


Hohe mächtige Gestalten,

Wackre Degen, stolze Recken

Und der Asen tiefes Walten

Ziehen durch des Skalden Lied.


Und es kommt mir Nordens Größe,

Mit der deutschen Heldensage

Und mit alten, kühnen Taten

Alte Liederkraft herauf.


Also hast du kühn begonnen

In der Zeiten Stolz und Lüge,

Also hast du schön vollendet,

Edler Skalde, wackres Herz.


Seit solch Singen mich begeistert,

Zieht mich all der Seele Streben

Deiner starken Welt entgegen,

Zu des Nordens lichtem Kreis,


Wo der Helden kühnstes Wagen

Auch den kühnsten Skalden weckte,

Daß er zu dem Götterkampfe

Göttlich in die Saiten schlug.


Drum für diesen neuen Morgen,

Der in meiner Brust erwachte,

Für den Frühling meiner Träume,

Wackrer Skalde, dank ich dir,


Biete dir aus tiefer Seele

Einmal noch den Dank des Liedes,

Biete aus des Herzens Tiefen

Dir noch einmal meinen Gruß.

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