Fallstudie: Gedingemann George Berger und die Grenzen der Kirchenbuchforschung

„George Berger, Häusler und Gedingemann in Höckendorff, ist 1665 gebohren, starb am 28. May 1743 wurde hierauf am 30. dito mit einer Leichenpredigt und Abdankung begraben. Seines Alters 78 Jahre.“

Dieser Sterbeeintrag zu George Berger ist der bislang älteste Nachweis im Kirchenbuch für die Vorfahren der von mir erforschten Ahnenlinie Berger in der Gegend um Höckendorf im sächsischen Osterzgebirge.

Sterbeeintrag zu George Berger im Höckendorfer Kirchenbuch

Schlecht lesbare Aufzeichnungen als Hindernisse der Familienforschung

Der schlechte Zustand des ältesten Kirchenbuchs zu Höckendorf verhindert leider die Ermittlung weiterführender Informationen zu George Berger, seiner Familie und anderer Vorfahren. Auf den größtenteils durch Tintenfraß zerstörten Seiten konnte lediglich herausgelesen werden, dass George Berger mit Maria Berger (geborene Büttner) verheiratet war. Sie starb 1737 in Höckendorf, fünf Jahre vor ihrem Ehemann George Berger, und hinterließ ihn als Wittwer. Ein Geburtseintrag des gemeinsamen Sohnes, George Christoph Berger (gest. 1761) oder weiterer Kinder war leider nicht mehr ermittelbar.

Trotz allem konnte mit Hilfe eines Heiratseintrages zum Sohn im Traubuch der Kirchgemeinde Höckendorf aus dem Jahr 1718 die Linie der Familie Berger bis George Berger verfolgt werden. Als Beleg hierfür dienen die Kirchenbucheinträge.

Leider liefern die Kirchenbucheinträge des 17. Jahrhunderts in Sachsen erfahrungsgemäß nur wenig weiterführende Informationen über die betreffenden Personen und ihre Familien, sodass die Namen der Mutter oder die Herkunft der Eltern nicht selten im Dunkeln bleiben.

Die Einträge der Kirchenbuchschreiber sind in den von mir eingesehenen Kirchenbüchern häufig sehr kurz gehalten. So enthalten die Sterbeeinträge häufig nur den Namen und den Beruf des/der Verstorbenen. Angaben zur Herkunft und Geburt sind eher selten.

Auch die Traueinträge oder historische Aufzeichnungen zu Aufgeboten enthalten keine vollständigen Angaben zu den Eltern und der Herkunft der Braut oder des Bräutigams.

Ergänzende Quellen für die Familienforschung

Mit den Kirchenbüchern als alleinige Informationsquelle ist eine genealogische Recherche hier kaum weiter möglich. Wenn die schriftlichen Überlieferungen, dann nach 300 Jahren durch Tintenfraß, Verschmutzungen oder andere Beschädigungen kaum mehr lesbar sind, können Namen und Daten nur noch geraten werden.

Die einzige Lösung können hier ergänzende historische Quellen sein, wie beispielsweise Gerichtsbücher. In einzelnen Kirchgemeinden gibt es auch genealogische Zusammenstellung zu den Familien des Ortes. Bei Tagelöhnern und Kleinbauern sind schriftlichen Aufzeichnungen jedoch häufig sehr gering vorhanden, da es aufgrund fehlenden Besitzes, der beruflichen Tätigkeit und der sozialen Stellung kaum die Notwendigkeit für schriftliche Zeugnisse gab. Tätigkeiten im Bergbau oder zunftpflichtigem Handwerk können hingegen durchaus in den betreffenden Archivunterlagen überliefert sein.

Von Häuslern, Gärtnern und Gedingemännern

Bis ins hohe Alter von 72 Jahren sicherte George Berger scheinbar seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung von Körben. Anhand der Forschungen in den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass George Berger und der Großteil der nachfolgenden Generationen der Familie Berger sich überwiegend als Kleinstbauern, Kleinhandwerker und Tagelöhner verdienten. 

Als Wohnstätte besaßen sie häufig nur ein kleines Haus mit wenig oder keinem dazugehörigen Land. Das wenige Land diente zur Selbstversorgung, war aber wohl nicht ausreichend für den Lebensunterhalt. Aufgrund des wenigen Besitzes waren diese in Sachsen als „Häusler“ oder „Gärtner“ bezeichneten Einwohner eines Dorfes auf einen Nebenerwerb angewiesen. Dazu gehörten unter anderem die Tätigkeiten als Korbmacher, Maurer, Steinhauer oder Kohlehauer.

Der Lohn für die Arbeit wurde bei letzterem gemäß der erarbeitenden Menge an Erz oder der geschaffenen Strecke ausgezahlt. Im Bergbau wurde dies als „Gedinge“ bezeichnet. Bezahlt wurde somit nach Leistung und nicht nach Zeit (Tageslohn). Teilweise wird der Begriff wohl heute noch im Bergbau und der Landwirtschaft verwendet.

Die Bezeichnung Gedingemann bezieht sich hier wohl aber eher auf Leibgedinge. Nach Übergabe oder Verkauf seines Hauses hatte sich George Berger scheinbar für das hohe Alter die Versorgung mit Lebensmitteln und ein Wohnrecht gesichert, indem er den Käufer seines Hauses (wahrscheinlich seinen Sohn) die Verpflichtung zu seiner Versorgung auferlegte. Eine bis in die heutige Zeit hineinreichende nicht ungewöhnliche Praxis. Die Eltern vereinbaren mit der Übergabe von Haus, Hof und Gut an die Kinder ein lebenslanges Wohnrecht im betreffenden Haus sowie ggf. Anteil an den Erträgen des Hofes.

Für mehr Hintergrundwissen lohnt sich immer wieder ein Blick in genealogische Zeitschriften, die du übrigens auch im Sächsischen Staatsarchiv und der Landesbibliothek (SLUB) findest. Historische Lexika und Enzyklopädien sind ebenfalls bei den Forschungen sehr nützlich und zudem online verfügbar.

Johann Friedrich August Berger Ahnentafel


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